Löst die E-Mail den Brief ab?

Der Computer und das papierlose Büro sowie das Internet, das die Zeitung ersetzt? E-Mails, die Briefe, Post- und Glückwunschkarten überflüssig machen? Hatten Sie diese Befürchtungen auch?

In den Anfängen konnte ja keiner ahnen, dass wir statt weniger tatsächlich mehr Papier verbrauchen würden. Und wenn die Auflagenzahlen der Tageszeitungen zurückgehen, hat das immer auch andere Gründe. Aber wie sieht es mittlerweile mit dem guten alten Brief aus?

Wesentlich mehr elektronische als klassische Briefe

Im letzten Jahr (2017) hat allein die Deutsche Post 18,5 Milliarden Briefe befördert, das sind 500 Millionen weniger als noch 2015, aber immerhin eine Milliarde mehr als 2008.  Demgegenüber sind 2017 in Deutschland etwa 771 Milliarden E-Mails versendet worden, Spam-Mails nicht mitgerechnet. 2008 lag die Zahl noch bei gut 217 Milliarden. Eine rasante Entwicklung, wenn man bedenkt, dass die erste E-Mail in Deutschland erst 1984 empfangen wurde. Mittlerweile nutzen über 80 Prozent der Deutschen das Internet zum Verschicken von elektronischer Post. Damit liegen wir zwölf Prozent über dem EU-Durchschnitt.

Die Schätzungen gehen dahin, dass sowohl die Zahl der Nutzer als auch die Menge der E-Mails weiter steigen werden. Schon bis Ende 2018 erwartet man, dass mehr als ein Viertel der Weltbevölkerung seine E-Mails über ein mobiles Endgerät abrufen wird.

Trotz Bundestrojaner und NSA werden in Deutschland derzeit nur zirka 15 Prozent der E-Mails verschlüsselt. Wer weiß, vielleicht zieht man ja mit der Verschlüsselung nur die Aufmerksamkeit der Datensammler auf seine elektronische Post?  (Quelle für die Zahlen: Statista 2018)

Datenschutz spricht für den Brief

Der klassische Brief hat den Nachteil, dass er mehr kostet und es mehr Zeit braucht- meist ein bis zwei Tage -, bis er beim Empfänger ankommt. Das kommt uns heute manchmal unendlich lange vor, weil wir uns an die sekundenschnelle Übertragung der E-Mail gewöhnt haben. Der Vorteil des Briefes ist jedoch: Er wird (meist) sorgfältiger geschrieben, die Anlagen liegen gleich bei und er hat immer noch einen offizielleren Charakter, auch wenn man die E-Mail mit elektronischer Signatur auch als offiziellen Geschäftsbrief nutzen kann. Und nicht zu unterschätzen ist, dass der Inhalt eines klassischen Briefes viel besser vor fremden Augen geschützt ist, als das bei der öffentlich einsehbaren E-Mail der Fall ist.

Bei einem Volumen von 18 bis 20 Milliarden verschickten Briefen müssen wir uns um die Arterhaltung aus meiner Sicht keine Sorgen machen. Was ich jedem Unternehmen ans Herz legen kann, ist, seine Briefe und E-Mails so zu gestalten und zu formulieren, dass der Empfänger im positiven Sinn weiß, mit wem er es zu tun hat und sich auf die Zusammenarbeit freut. Hier können Sie sich eine kostenlose Checkliste für gute Briefe herunterladen.

Briefe haben mehr Gewicht als E-Mails

Mehr und mehr Angelegenheiten können wir heute schnell per E-Mail klären. Dennoch bleiben Gebiete, auf denen der Brief oder eine geschmackvolle Grußkarte den Vorrang bekommt. Ich gehe davon aus, dass die Zahl der Briefe langsam weiter abnehmen wird. Dadurch bekommt der einzelne Brief größeres Gewicht. Er wird mehr auffallen. Und deshalb sollte er auch besonders sorgfältig geschrieben sein. Schauen Sie hier in das Experteninterview mit mir.

Ein großer Vorteil des Briefes und der Karte ist, dass beide auch haptisch wahrgenommen werden. Ein Erlebnis, dass uns die E-Mail nicht bietet. Es lohnt sich also, das Briefpapier bewusst zu wählen. Weicheres Papier mit einer höheren Grammatur fühlt sich wertvoller an, als das übliche 80-Gramm-Kopierpapier. Damit ist auch klar, warum der Vorstandsbogen in den meisten Unternehmen schwerer ist als das normal Geschäftspapier. Und zu besonderen Gelegenheiten darf es auch einmal ein Duft sein. In der Werbung wird seit langem damit gearbeitet. Ich habe beispielsweise letztes Jahr beduftete Weihnachtskarten verschickt. Das kam sehr gut an.