Genderstern ja oder nein? – Belastet oder erleichtert er unsere Rechtschreibung?

Genderstern ja oder nein? – Belastet oder erleichtert er unsere Rechtschreibung?

Auf seiner Sitzung im Juni hatte der Rechtschreibrat die Arbeitsgruppe „Geschlechtergerechte Schreibung“ eingerichtet. Ihr Auftrag war, bis zur Sitzung im November eine Empfehlung dafür vorzubereiten, ob staatliche Stellen den sogenannten Genderstern als gendergerechte Schreibweise einführen sollten.

Das Thema wurde kontrovers diskutiert, nachdem die Arbeitsgruppe in einer umfangreichen Korpus-Analyse ermittelt hatte, welche Genderschreibweise wie häufig vorkommt. Die x- und Unterstrich-Formen sind wegen geringer Verbreitung gleich hinausgefallen. Der Genderstern kommt in den untersuchten Texten zwar mittlerweile häufiger vor. Zu bedenken ist aber, dass die untersuchten Texte aus der Feder von professionellen Schreibern stammen und somit für den normalen Alltagsgebrauch der Bevölkerung nicht aussagekräftig sind. Hier sähe das Ergebnis sicher anders aus.

Der Genderstern kommt (noch) nicht

Die Arbeitsgruppe ist insofern aus meiner Sicht zu einem salomonischen Ergebnis gekommen.  Denn es ist eine Entweder-Oder-Empfehlung: Bei Vorschlag eins bleibt alles beim Alten, also kein Stern. Vorschlag zwei besagt, öffentlichen Institutionen zu empfehlen, den Genderstern zu tolerieren und jeweils selbst zu entscheiden, ob sie ihn in ihrem Haus zulassen.

Nun hat der Rechtschreibrat in seiner Sitzung am 16. November 2018 in Passau beschlossen, die Entwicklung weiter zu beobachten und (noch) keine Regelung zu treffen. Eine kluge Entscheidung – aus meiner Sicht.

An dieser Stelle muss vielleicht noch einmal erwähnt werden, dass der Rechtschreibrat lediglich über die allgemeine Rechtschreibung entscheidet, nicht über möglicherweise von gewissen Kreisen angestrebte  politische Sprachregulierungen.

Geschriebenes sollte lesbar bleiben

Für Schulen und Schüler ändert sich durch die Entscheidung also nichts, ebenso wenig für Privatleute und Privatunternehmen. Unterstriche, Binnen-Is, x- und Sternchen-Formen bleiben weiterhin Rechtschreibfehler.

Außderdem sind alle diese Schreibweisen schwer lesbar und noch schwerer vorlesbar. Von der Alltagssprache mal ganz zu schweigen. Jetzt können Sie sagen: Hier geht es gerade ausschließlich um die Rechtschreibung. Stimmt. Trotzdem muss das Ganze ja auch sprechbar bleiben, sonst können wir uns bald nicht mehr unterhalten. Deshalb sind die Kriterien so wichtig, die der Rat für die künftige Schreibweise festgelegt hat: sie muss gut vorlesbar, eindeutig und rechtssicher sein.

Hilfreicher statt dieser Gender-Diskussion wäre ein Deutschunterricht, der vermittelt, wie wir im Deutschen Wörter bilden und warum die einen Wörter grammatikalisch männlich, andere sächlich und wieder andere weiblich sind. Wohlgemerkt grammatikalisch, nicht biologisch.

Wenn Sie einen kurzen Überblick dazu haben wollen, schauen Sie gern mein Interview zu “Geschlechtergerechte Sprache”

Wenn jetzt der Eindruck entstanden ist, dass ich Änderungen gegenüber nciht aufgeschlossen bin, so ist das durchaus falsch. Allerdings bin ich der Auffassung, dass sich Sprache durch die Sprecher und das wirkliche Leben immer so weiterentwickelt, dass Sprache und Leben zusammenpassen. Sprachregelungen, die von “oben” verordnet werden, bilden nie die Wirklichkeit ab, sondern lenken und manipulieren.

Denken Sie weiterhin in alle Richtungen und befragen Sie in Zweifelsfällen Ihren unverdorbenen Sprachinstinkt.